DER BEUTELWOLF (HARRIS 1808) Thylacinus cynocephalus Der Beutelwolf ähnelt in seiner äußeren Erscheinung einem kurzbeinigen Hund, dennoch gehört er - wie Opossum, Känguru und Koala - zur Verwandtschaftsgruppe der Beuteltiere oder Marsupialia: Nach einer Tragzeit von etwa vier Wochen wurden 1-4 embryonenhafte Jungtiere geboren, die in einem sich nach hinten öffnenden mütterlichen Brutbeutel 4-5 Monate heran wuchsen. Nach dem Verlassen des Beutels blieben die noch unselbständigen Jungen 2-3 Monate in einer geschützten Nestmulde oder Höhle, bis sie der Mutter bei ihren Jagdausflügen folgen konnten. Als Fleischfresser fielen ihnen meist Mäuse, Beuteldachse und kleinere Kängurus zum Opfer, nach Ausweitung der Schafzucht auch deren Lämmer; erwachsene Schafe wurden wohl nur selten gerissen. Während der Jagd leitete sie vor allem der gut entwickelte Geruchsinn. Kängurus brachten sie durch ausdauernde Verfolgung zur Strecke; dabei waren Trab und ein schleppender Galopp die bevorzugten Gangarten. Beobachtungen in freier Wildbahn und in Zoologischen Gärten zufolge hatten sie keine bevorzugten Aktivitätszeiten. Weibliche Tiere waren deutlich kleiner als Männliche; das Körpergewicht betrug 15-35kg, die Gesamtlänge 120 - 195cm. Gelegentlich wurden Paare beobachtet. Die heranwachsenden Jungen blieben rund ein Jahr bei der Mutter. Beutelwölfe lebten vor etwa 10000 Jahren auf Neuguinea und waren bis vor 2000 Jahren auf dem australischen Kontinent weit verbreitet. Auf Tasmanien bewohnten sie mit Ausnahme der zerklüfteten Landschaften im Südwesten alle Lebensräume; vor der Besiedlung durch Europäer bevorzugten sie Hartlaubwälder und Flußauen. Während die Siedler sowie deren streunende Hunde und Katzen die meisten ihrer Beutetiere dezimierten, wurden ihre Angriffe auf Schafe häufiger. So erklärte man den "Tasmanischen Tiger" zum Feind der Schafzüchter; ausgesetzte Kopfgelder von umgerechnet 100€ pro Tier hatten zur Folge, dass zwischen 1840 und 1914 Tausende von Beutelwölfen getötet wurden. Das letzte freilebende Tier wurde 1930 erlegt; Halbherzige Schutzmaßnahmen kamen mehrere Jahre zu spät! In Zoologischen Gärten lebten zwischen 1850 und 1936 etwa 150 Tiere, davon 34 in Europa und in den USA. Aufgrund der Verweildauer kann man von einer maximalen Lebenserwartung von 8-10 Jahren ausgehen. Zoobesucher und auch Wissenschaftler zeigten am Beutelwolf nur geringes Interesse, dennoch bemühte man sich immer wieder, die Art zu halten, war doch der große Raubbeutler eines der auffallendsten Beispiele für parallele Evolution. Der höchste für einen Beutelwolf gezahlte Betrag belief sich 1926 auf umgerechnet 8250 €. Trotz aller angeblichen Sichtungen muss der Beutelwolf als ausgestorben gelten. Der im englischen Sprachgebrauch übliche Name "Tasmanian Tiger" leitet sich nicht von dem dunklen Streifenmuster auf Rücken und Schwanzwurzel ab, sondern steht symbolisch für Kraft und Wildheit. Prof. Heinz Möller |